Stromnetze
Fachleute bauen Stromnetze zu modernen Smart Grids um. Das Ziel: Im ländlichen Raum dezentral erzeugten erneuerbaren Strom aus Windrädern und Photovoltaik-Anlagen in die Netze einspeisen und diese über alle Spannungsebenen hinweg optimal miteinander verknüpfen.
Stromnetze werden hierzu digitalisiert, sodass Fachleute das Energiesystem besser analysieren und steuern können. Die dabei entstehenden großen Datenmengen werden mithilfe innovativer Lösungen der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sicher gespeichert, verarbeitet und ausgewertet.
Wichtiges Forschungsziel ist es, Netzbetriebsmittel zu entwickeln, die dazu beitragen Stromnetze zu schützen und stabil zu halten und die gewährleisten, dass Systemdienstleistungen bereitgestellt werden. Auch AC- (engl. Alternating Current: Wechselstrom), DC- (engl. Direct Current: Gleichstrom) und AC/DC-Netze und Netzleittechniksysteme müssen weiterentwickelt werden. Gleichstromnetze haben das Potenzial, Wechselstromnetze in bestimmten Anwendungen zu ergänzen oder sogar zu ersetzen. Das ist insbesondere in Bezug auf Erneuerbare-Energie-Anlagen interessant.
Denn Photovoltaik-Anlagen und Brennstoffzellen produzieren in erster Linie Gleichstrom (DC). Das heißt, der Strom muss – bevor er ins Netz eingespeist wird – zunächst in Wechselstrom (AC) umgewandelt werden. Bei dieser Umwandlung kommt es zu Verlusten, die durch Gleichstromnetze vermieden werden können. Auch Batteriesysteme laufen mit Gleichstrom und könnten so unkompliziert an das System angeschlossen werden.
Darüber hinaus arbeiten Forschungsteams daran, Power-to-X-Technologien (Verfahren zur Umwandlung von Strom in chemische Energieträger) als Schnittstelle zwischen Stromnetzen und Speichern sowie die Hochtemperatursupraleiter-Technik (HTS-Technik) weiterzuentwickeln. Letztere kann die Übertragungsleistung auf Mittelspannungsebene deutlich verbessern und ermöglicht es, grünen Strom von großen Erzeugern auch auf Mittelspannungsebene einzuspeisen. Das kann dazu beitragen, den Netzausbau insgesamt günstiger zu machen.
Das Besondere an Supraleitern ist, dass sie Strom bis zu einer bestimmten Temperaturgrenze beinahe widerstandslos leiten und erst bei einem starken Temperaturanstieg einen sehr hohen Widerstand bieten. Durch diese Eigenschaft können sie quasi als selbstauslösender Sicherungsschalter an Netzverbindungspunkten eingesetzt werden.
Es braucht intelligente und flexible Betriebsführungskonzepte, um sich an die verändernde Kraftwerkstruktur im Zuge der Energiewende anzupassen. Informationstechnologien sollen dabei helfen, die Netze zuverlässiger zu machen und Betriebsmittelausfälle auf allen Netzebenen zu reduzieren. Das betrifft insbesondere die Bestimmung des Zustands der unteren Netzebenen des Verteilnetzes.
Insgesamt braucht es Methoden und Werkzeuge, um eine netzebenenübergreifende Planung und Steuerung möglich zu machen. Fachleute arbeiten daran, die Systemstruktur zu automatisieren und den Netzzustand mittels Prognosen genauer zu analysieren.
Wichtig sind zudem Schutzkonzepte und Maßnahmen, die dazu dienen, die Netze in kritischen Situationen sicher betreiben und das Energiesystem im Notfall schnell wieder aufbauen zu können. Insgesamt soll das Energiesystem mittels Informations- und Kommunikationstechnik noch sicherer werden. Unterstützt wird darüber hinaus, dass Fachleute neue Netztopologien untersuchen und Diensteplattformen entwickeln, die technischen Operationen, betriebliche Abläufe und geschäftliche Transaktionen verknüpfen.
Forschungsteams arbeiten daran, sogenannte Flexibilität zu analysieren, damit sie für das Lastmanagement genutzt und netzdienlich ins System integriert werden kann. Dazu gehören unter anderem Maßnahmen wie die Frequenzhaltung, etwa durch Bereitstellung von Momentanreserve oder Regelleistung sowie Spannungshaltung durch die Regelung von Blindleistung oder spannungsbedingtem Redispatch.
Es müssen einheitliche Modellierungs- und Planungsmethoden entwickelt werden für ein verbessertes Gesamtsystem im Hinblick auf Bedarf und Einsatz von Flexibilität. Außerdem sind einheitliche Normen und Standards sowie neue innovative Geschäftsmodelle gefragt.
Forschende müssen alle Sektoren analysieren und einbinden, um einen netzdienlichen Betrieb und einen Systemwiederaufbau sicherzustellen. Dazu gehört auch, dass sie bestehende Planungsgrundsätze und -methoden unter Berücksichtigung neuer Betriebsmittel, Netzstrukturen, Sektorkopplung sowie der Rollenverteilung im Energiesektor aktualisieren.
Das umfasst auch den Wiederaufbau der Versorgung zum Beispiel durch schwarzstartfähige Technologien. Geeignet sind zum Beispiel Laufwasser- oder Pumpspeicherkraftwerke, Gaskraftwerke in Verbindung mit einem Batteriekraftwerk oder auch Druckluftspeicherkraftwerke. Vernetzung ist hierbei besonders wichtig. Mittels Micro-Grid-Lösungen zum Beispiel können einzelne Abschnitte des Verteilnetzes bei einem größeren Ausfall autark versorgt werden.
Damit das Stromnetz bei einem Ausfall möglichst schnell wieder eingesetzt werden kann, braucht es kontinuierliche Kommunikation zwischen den Netzbetreibern und den Systemen, die für die Wiederherstellung relevant sind. Diese digitale Kommunikation mittels IKT muss sicher, widerstandsfähig und zuverlässig sein.
Forschungsteams arbeiten deshalb an Maßnahmen, die Energiesysteme durchgängig informatorisch vernetzen. Alle Netzebenen sollen mithilfe verbesserter und sicherer IKT-Lösungen automatisiert werden. Ebenso wichtig sind Forschungen zur Datenverarbeitung und -analyse in Echtzeit, damit Betriebsmittel- und Systemzustände zuverlässiger und schneller ermittelt werden können.
Fachcommunity
Das Forschungsnetzwerk Stromnetze bringt Fachleute zusammen. Die Mitglieder organisieren sich in fünf Arbeitsgruppen zu Netzbetriebsführung und Stabilität, Anlagen- und Stromrichtertechnik, Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung und AC/DC-Integration, Flexibilisierung des Energiesystems sowie Digitalisierung und IKT.
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